Unternehmen können aus ganz unterschiedlichen Gründen in eine finanzielle Schieflage geraten. Wenn „harte Maßnahmen“, wie beispielsweise die Schließung einer Abteilung, ergriffen werden müssen, ist dies sowohl für Unternehmer als auch für Beschäftigte mit weitreichenden Konsequenzen verbunden.
Damit die Arbeitnehmer nicht von heute auf morgen arbeitslos werden, kann das Unternehmen unter Umständen finanzielle Förderungen beantragen. Über mögliche Finanzhilfen können sich Unternehmer unter anderem bei der Agentur für Arbeit informieren. Insbesondere der Wechsel in eine sogenannte Transfergesellschaft bietet sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern viele Vorteile. In den folgenden Abschnitten wird Ihnen erklärt, was unter einer solchen Gesellschaft zu verstehen ist und welche Vor- und Nachteile der Wechsel in die Transfergesellschaft mit sich bringt.
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Was ist eine Transfergesellschaft?
- Bei einer Transfergesellschaft (auch „Auffanggesellschaft“) handelt es sich um eine von der Agentur für Arbeit geförderte Maßnahme. Unternehmer, die sich dafür entscheiden, an der Maßnahme teilzunehmen, können ihr Personal zeitnah entlassen und gleichzeitig Kündigungsschutzklagen umgehen.
- Ab einem bestimmten Zeitpunkt wechseln die Angestellten in ein befristetes Arbeitsverhältnis beziehungsweise in einen Transfersozialplan. Ab diesem Moment wird auch das Transferkurzarbeitergeld gezahlt.
- Wie lange das Beschäftigungsverhältnis mit der Transfergesellschaft andauern kann, hängt von der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses ab. Es ist jedoch auf maximal ein Jahr befristet.
- Die Gründe für Unternehmer, diesen Schritt zu gehen, können sehr unterschiedlich sein. Die meisten entscheiden sich für diesen Weg, wenn der Betrieb von einer Insolvenz bedroht ist oder wenn umfangreiche Umstrukturierungen, Fusionen, Übernahmen, Verlegungen von Produktionsstandorten oder Bereichs- oder Betriebsschließungen geplant sind.
- Voraussetzung einer Transfergesellschaft ist, dass das betroffene Unternehmen Massenentlassung aufgrund wirtschaftlicher Gründe nicht mehr vermeiden kann.
Ist eine Auffanggesellschaft eine Alternative zur betriebsbedingten Kündigung?
Die Transfergesellschaft kann Unternehmern eine sinnvolle Alternative zur betriebsbedingten Kündigung der Belegschaft bieten. Eine Auffanggesellschaft übernimmt die Belegschaft zeitweise und versucht, über verschiedene Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Beruf (beispielsweise Weiter- und Fortbildungen oder Bewerbungstrainings) dabei zu helfen, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Damit Unternehmer die Kündigung besonders sozialverträglich gestalten können, haben diese die Möglichkeit, neben dem Übergang in eine Auffanggesellschaft auch einen Rahmensozialplan zu vereinbaren.
Unterschied zwischen betriebsbedingter Kündigung und Transfervertrag
Sowohl Unternehmer als auch die Arbeitnehmer können Dank des Transfervertrages von einer maximalen Planungssicherheit profitieren. Das Beschäftigungsverhältnis wird nämlich zu einem bestimmten Stichtag aufgehoben. Ferner können Unternehmer aufgrund der finanziellen Förderung der Agentur für Arbeit ihre eigenen Kosten gering halten. Auch der Verwaltungsaufwand hält sich in Grenzen. Zudem können Unternehmer Stellen in ihrem Betrieb besonders sozialverträglich und rechtssicher abbauen. Gerade im Hinblick auf drohende Kündigungsschutzklagen sowie mögliche Image-Schäden sind die obigen Aspekte für den Arbeitgeber sehr wichtig.
Beim Wegfall des Arbeitsplatzes kann einzelnen Mitarbeitern grundsätzlich auch betriebsbedingt gekündigt werden. Im Rahmen einer Sozialauswahl muss der Arbeitgeber dann festlegen, welche Mitarbeiter das Unternehmen zuerst verlassen müssen. Sollten betroffene Mitarbeiter keine Kündigungsschutzklage einreichen, kann der Vorgesetzte eine Abfindung anbieten. Die betriebsbedingte Kündigung kann für Unternehmer mit einigen Risiken und unter Umständen mit hohen Kosten verbunden sein. Wenn Unternehmer keine Abfindung bei der betriebsbedingten Kündigung anbieten, müssen diese davon ausgehen, dass die gekündigten Mitarbeiter eine Kündigungsschutzklage einreichen. Die Verfahren dauern nicht nur lange, sondern sind auch zumeist mit hohen Kosten verbunden.
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Die wichtigsten Vorteile und Nachteile einer Transfergesellschaft
Arbeitnehmer können beim Wechsel in eine Auffanggesellschaft von verschiedenen Chancen profitieren, sollten jedoch auch nicht die Risiken außer Acht lassen. Das sind die wesentlichen Vor- und Nachteile einer Transfergesellschaft für Arbeitnehmer:
1. Vorteil der Transfergesellschaft: Kurzfristige Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch neues Arbeitsverhältnis mit der Auffanggesellschaft
Prinzipiell können Beschäftigte, welche von einer Entlassung wegen Betriebsänderungen oder Insolvenz betroffen sind, genauso von dem Wechsel profitieren wie Arbeitgeber. Arbeitnehmer werden nicht von heute auf morgen arbeitslos. Zudem werden das Gehalt und die Sozialversicherungen weitergezahlt. Jeder Mitarbeiter kann für sich individuell entscheiden, ob dieser in die Transfergesellschaft wechseln und somit vom Sozialplan profitieren möchte. Wenn der Transfervertrag abgelehnt wird, ist mit einer betriebsbedingten Kündigung zu rechnen.
Wenn während des Angestelltenverhältnisses bei der Auffanggesellschaft keine neue Beschäftigung gefunden wird, verringert sich das Arbeitslosengeld. Dies ist jedoch nur bedingt ein Nachteil: Durch das Gehalt gemäß Transfervertrag ist auch im Falle eines reduzierten Arbeitslosengeldes die finanzielle Unterstützung höher als bei einer direkten Arbeitslosigkeit.
2. Vorteil der Transfergesellschaft: Berufliche Neuorientierung und Weiterbildung
Arbeitnehmer in einer Transfergesellschaft haben die Möglichkeit, an finanziell geförderten Maßnahmen teilzunehmen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich meist um Fort- und Weiterbildungen sowie Bewerbungstrainings. Die von der Agentur für Arbeit geförderten Maßnahmen können Beschäftigten den Wechsel in ein neues Arbeitsverhältnis erleichtern und diese sogar fit für den Start in die Selbstständigkeit machen. Die Gelder für die Maßnahmen werden unabhängig vom Alter, der Beschäftigungszeit und der Qualifikation gezahlt. Bei über 250 Beschäftigten im Betrieb übernimmt die Agentur für Arbeit bis zu 75 % der Weiterbildungskosten.
1. Nachteil der Transfergesellschaft: Transferkurzarbeitergeld geringer als Lohn
Der Erhalt von Transferkurzarbeitergeld kann für Arbeitnehmer mit finanziellen Einbußen verbunden sein. Das Transferkurzarbeitergeld wird über zwölf Monate ausgezahlt und beträgt 60 % des ausgefallenen Nettogehalts. In Haushalten mit einem oder mehr Kindern beträgt das Kurzarbeitergeld 67 %. In manchen Fällen ist eine Aufstockung durch den (ehemaligen) Arbeitgeber möglich. Ob eine Aufstockung möglich ist, ist im Sozialplan geregelt.
2. Nachteil der Transfergesellschaft: Verlust des Anspruchs auf Abfindung
Generell ist eine Abfindung auch dann möglich, wenn der Beschäftigte dem Wechsel in die Auffanggesellschaft zustimmt. Wurde ein Rahmensozialplan vereinbart, darf die Abfindung nicht davon abhängig sein, ob dem Wechsel in die Transfergesellschaft zugestimmt wurde oder nicht. Jedoch darf der Arbeitgeber dann die Höhe der Abfindung reduzieren. Wenn sich Beschäftigte gegen den Wechsel in die Auffanggesellschaft entscheiden, dürfen diese nicht ganz von der Zahlung einer Abfindung ausgeschlossen werden.
3. Nachteil der Transfergesellschaft: Besonderer Kündigungsschutz entfällt
Kritiker von Transfergesellschaften bemängeln, dass mögliche Investoren sich erst einmal eine Überführung aller Mitarbeiter wünschen. Im Falle einer späteren Sanierung des Unternehmens suchen sich die Investoren dann aber oft die Mitarbeiter aus, die ihnen besonders „genehm“ sind. Deshalb können soziale Kriterien, wie beispielsweise der besondere Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung gemäß SGB IX, umgangen werden. Auch eine Zustimmung durch das Integrationsamt ist bei einer Kündigung dann nicht mehr nötig. Anders als bei einer unberechtigten Kündigung kann gegen einen Vertrag, der einen Wechsel in eine Transfergesellschaft vorsieht, zudem nicht im Wege der Kündigungsschutzklage gerichtlich vorgegangen werden.
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Auswirkungen der Transfergesellschaft auf die Rente
- Das Transferkurzarbeitergeld wird generell auf die Wartezeit für die Rente voll angerechnet.
- Es gibt jedoch Ausnahmen: Nach der Beschäftigung in einer Auffanggesellschaft wird zum Beispiel der Bezug von Arbeitslosengeld nicht auf die Wartezeit für eine abschlagsfreie Altersrente angerechnet.
- Bei einigen älteren Mitarbeitern ist schon zu Beginn der Maßnahme klar, dass die Zeit, die diesen für eine neue Beschäftigung bis zum Renteneintritt bleibt, nur kurz ist. Darüber hinaus wächst am Jobmarkt natürlich auch die „Konkurrenz“ durch jüngere Arbeitssuchende. Aus diesem Grund sollten sich ältere Mitarbeiter, die im Zuge einer Transfergesellschaft entscheiden müssen, ob sie weiter arbeiten möchten oder lieber in Rente gehen möchten, vom Rententräger oder einem Anwalt für Arbeitsrecht individuell beraten lassen.
Anrechnung auf das Arbeitslosengeld
Die Höhe des Arbeitslosengeldes I im Anschluss an eine Auffanggesellschaft richtet sich gemäß Arbeitslosengeld nach ALG 1 nach Transfergesellschaft immer nach dem Entgelt bei dem alten Arbeitgeber. Die Höhe Ihres Arbeitslosengeldes ist nicht abhängig vom (reduzierten) Entgelt in der Transfergesellschaft.
Sprinterprämie
Betriebe, die eine größere Anzahl von Beschäftigten entlassen müssen, bieten zum Teil zusätzlich zur Abfindung eine „Sprinterprämie“ an. Diese soll Mitarbeitern einen Anreiz verschaffen, keine Kündigungsschutzklage einzulegen. Die „Sprinterprämie“ (auch unter der Bezeichnung „Sprinterklausel“ bekannt) wird neben der Abfindung aus einem Rahmensozialplan ausgezahlt. Laut Bundesarbeitsgericht ist eine solche Extrazahlung zulässig, weil nach dem Kündigungsschutzgesetz ein Geldvorteil für Beschäftigte angeboten wird. Wer die Sprinterprämie annimmt, muss im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichten.
§ 1a KSchG: Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung
(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
Wann lohnt sich eine Transfergesellschaft?
Um zu wissen, ob sich der Eintritt in eine Transfergesellschaft in Ihrem persönlichen Fall lohnt, sollten Sie die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen.
Transfergesellschaften bieten den Arbeitgebern mehr Spielraum für die Restrukturierung von Unternehmen und gestalten den Trennungsprozess von Mitarbeitern sozialverträglich. Transferverträge sind besonders dann sinnvoll, wenn zu einem bestimmten Stichtag Personal abgebaut werden muss. Häufig erfolgt die Auffanggesellschaft auch in Kombination mit einer vorgeschalteten Transferfirma, welche die betroffenen Mitarbeiter erst einmal weiterbeschäftigt.
Für betroffene Arbeitnehmer empfiehlt sich vor Unterschrift eines Transfervertrags, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Dieser kann Sie beispielsweise darüber aufklären, ob Sie besser in die Transfergesellschaft wechseln sollten oder ob eine Abfindung für Sie die bessere Option ist. Auch kann Ihnen unter Umständen zu Nachverhandlungen geraten werden.