Wer wegen einer psychischen Erkrankung gekündigt wurde, hat häufig Anspruch auf eine Abfindung. Der Arbeitgeber muss mehrere Voraussetzungen erfüllen, damit die Kündigung rechtens ist.
Psychische Erkrankungen können die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Person stark beeinflussen. Ausfallzeiten und Erwerbsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen haben laut dem DAK Psychreport 2024 in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Besonders häufig sind die Fehltage bei folgenden psychischen Erkrankungen:
Ebenso wie körperliche Erkrankungen können auch psychische Erkrankungen (etwa Depressionen) der Grund für eine Kündigung sein. Kündigungsgründe im Zusammenhang mit der persönlichen Gesundheit fallen unter die personenbedingten Kündigungen, die im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt sind.
Wie alle personenbedingten Kündigungen sind auch Kündigungen wegen psychischer Krankheiten immer eine Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und müssen von Fall zu Fall bewertet werden. Bei Unklarheiten kann es hilfreich sein, sich von einer Kanzlei für Arbeitsrecht beraten zu lassen. Was das richtige Vorgehen im Kündigungsfall ist, hängt nicht nur von der Rechtslage ab, sondern auch von persönlichen Zielen und Bedürfnissen.
Da das Arbeitsrecht hohe Anforderungen an krankheitsbedingte Kündigungen stellt, ist es in der Praxis keine Seltenheit, dass diese Kündigungen nicht wirksam sind. Folgende drei Kriterien müssen erfüllt sein, damit eine erkrankungsbedingte Kündigung im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes rechtskräftig ist:
Als erstes Kriterium muss der Arbeitgeber nachweisen, dass durch die erkrankte Arbeitskraft die betrieblichen Abläufe stark beeinträchtigt sind oder eine starke wirtschaftliche Belastung droht, weil beispielsweise Ersatzpersonal beschäftigt werden muss.
Ist der Arbeitnehmer also nicht in der Lage, seiner Tätigkeit regelmäßig nachzukommen, liegt eine erste Voraussetzung für eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung vor. Dies ist beispielsweise bei Langzeiterkrankungen der Fall, die nach aktueller Rechtsprechung länger als 18 Monate dauern. Doch auch sehr häufig wiederkehrende Kurzzeiterkrankungen können als starke Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe gesehen werden.
Bevor die psychische Erkrankung eines Arbeitnehmers ein wirksamer Kündigungsgrund ist, muss der Arbeitgeber einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten, um eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten.
Beispiele für eine leidensgerechte Arbeitsplatzgestaltung können sein:
Erst wenn nachweislich kein leidensgerechter Arbeitsplatz für den erkrankten Arbeitnehmer gefunden oder geschaffen werden kann, ist das zweite Kriterium für eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung erfüllt.
Das dritte Kriterium für Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist eine negative Gesundheitsprognose. Hierfür müssen zuvor mildere Maßnahmen wie Krankschreibung, eine Kur oder Reha keinen Erfolg gezeigt haben.
Um eine negative Gesundheitsprognose attestieren zu können, kann etwa vom Medizinischen Dienst Bund (ehemals Medizinischer Dienst der Krankenkassen) oder einem anderen Arzt festgestellt werden, dass der erkrankte Arbeitnehmer zukünftig nicht mehr den Arbeitspflichten ohne Störungen nachkommen kann und eine Wiedereingliederung nicht möglich ist. Die Chancen für eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage stehen gut, wenn der erkrankte Arbeitnehmer nachweisen kann, dass eine positive Gesundheitsprognose für die Zukunft besteht. Als unterstützender Beweis kann hier etwa eine ärztliche Einschätzung dienen.
Wer wegen einer psychischen Erkrankung gekündigt wurde, sollte sich schnellstmöglich arbeitslos melden. Zuständig ist hierfür die örtliche Arbeitsagentur. Bei einer krankheitsbedingten oder personenbedingten Kündigung hat der Gekündigte in der Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld I.
Eine Sperre des Arbeitslosengeldes müssen Sie nicht befürchten, wenn Sie aufgrund einer psychischen Erkrankung eine Kündigung erhalten haben. Diese Sperrzeit wird von der Agentur für Arbeit nur bei einer „selbst verschuldeten" Kündigung verhängt. Anders sieht es etwa bei einem Aufhebungsvertrag oder bei einer Eigenkündigung aus. Aber auch hier gibt es rechtliche Möglichkeiten, um die Sperre des Arbeitslosengelds zu umgehen beziehungsweise zu vermeiden. Zum Beispiel kann gegen die Sperrzeit Widerspruch eingelegt werden.
Möchte der erkrankte Arbeitnehmer einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen, kann dieser auch selbst die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in die Wege leiten und kündigen. Es lässt sich nicht pauschal sagen, ob es besser ist, selbst zu kündigen oder gekündigt zu werden.
Die erste Alternative zur Kündigung durch den Arbeitgeber ist ein Auflösungs- oder Aufhebungsvertrag, in dem der Angestellte und der Arbeitgeber einvernehmlich vereinbaren, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Dies ist sinnvoll, wenn es auch für den Arbeitnehmer nicht weiter vorstellbar ist, in dem Betrieb zu arbeiten. Zum Beispiel, wenn Arbeitsplatz-Faktoren zu der psychischen Erkrankung wie einer Depression beitragen oder ihre Symptome verstärken.
Im Rahmen eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, eine Abfindung zu verhandeln. Wie viel Abfindung Ihnen möglicherweise zusteht, erfahren Sie mit unserem Online-Abfindungsrechner.
Natürlich ist auch eine Eigenkündigung unter Einhaltung der geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen jederzeit möglich. Dies sollte aber mit Bedacht abgewogen werden, da der Arbeitnehmer in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Abfindung hat. Zudem kann die Arbeit oftmals auch ein Schutzfaktor sein, weil sie eine Tagesstruktur und ein Gefühl der Zugehörigkeit schaffen kann.