Mobbing am Arbeitsplatz sollte keine Normalität im Berufsalltag sein. Immer mehr Menschen werden sich dessen bewusst und möchten sich Mobbing durch den Chef nicht gefallen lassen. Bossing oder Mobbing können sogar Anzeichen für eine drohende Kündigung des Mitarbeiters sein. Doch gegen die stete Angst vor einer Kündigung lassen sich Maßnahmen ergreifen. Es hilft, die rechtlichen Grundlagen zu verstehen, um sich erfolgreich zu wehren.
Definition: Was ist Bossing?
Das Wort Bossing kommt aus dem Englischen „to boss somebody about/around“ und bedeutet, dass eine Person einer anderen Person etwas vorschreibt, dabei allerdings aggressiv oder belästigend kommuniziert. Bossing ist eine Unterform des Mobbings, aber bezieht sich ausschließlich auf berufliche Situationen. Eine weitere Eigenschaft von Bossing ist, dass es hierarchisch immer von oben nach unten gerichtet vorkommt. Sprich immer vom Vorgesetzten hin zum Untergebenen. Bossing ist also die systematische, über eine längere Zeit andauernde Schikane, Bedrängnis, Benachteiligung oder Ausgrenzung eines Arbeitnehmers durch dessen Chef.
Auch wenn Bossing hauptsächlich am Arbeitsplatz stattfindet, kann es sich bis in die Freizeit hineinziehen. Nicht alle Formen von Mobbing sind sofort erkennbar, sie können sehr subtil sein, aber auch ganz direkt. Bossing findet sowohl im professionellen, fachlichen Bereich als auch im sozialen Miteinander statt. Dazu zählen auch kleine Gesten, beispielsweise wenn der Vorgesetzte nicht die „Sie“-Anrede benutzt, obwohl das beim Gegenüber so gewünscht ist. Auch subtile oder offensichtliche Anspielungen bis hin zu sexistischem Verhalten zählen zu Bossing. Weitere Begriffe wie Schikane, psychischer Druck, Psychoterror oder Cybermobbing beschreiben Formen von Bossing.
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Ursachen: Warum betreiben Vorgesetzte Bossing?
Aus Sicht der betroffenen Person ist Bossing am Arbeitsplatz unverständlich und sehr unangenehm, da oft die Angst vor einer drohenden Kündigung im Raum steht. Ein Wechsel der Perspektive kann mehr Klarheit über die Motive hinter dem Bossing geben. Häufig steht Mobbing am Arbeitsplatz in Zusammenhang mit den hierarchischen Strukturen. Manche Personen sind anderen in ihrer Entscheidungsmacht überlegen. In vielen Fällen herrscht bereits ein starkes Machtgefälle zwischen Mitarbeitern und nächsthöherem Kollegen. Der Mitarbeiter muss in einem Konflikt schlimmstenfalls um seine Arbeitsstelle bangen und somit auch um sein Einkommen. Daher ist er nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich abhängig von seinem Vorgesetzten.
Ein Vorgesetzter kann zum Beispiel wirtschaftliche Gründe haben, aus denen heraus er den Angestellten mobbt. Er möchte mit dieser Strategie den Mitarbeiter loswerden. Noch besser ist es für den Arbeitgeber, wenn der Mitarbeiter so unglücklich ist, dass er selbst kündigt. Denn die Kündigung durch den Arbeitgeber ist in der Regel für das Unternehmen teurer als eine Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer.
Ein weiterer Punkt ist die Persönlichkeit des Chefs. Manche Menschen überspielen ihre eigene Unsicherheit, indem sie ihre Mitmenschen erniedrigen, um selbst besser dazustehen. Das zeugt von fehlendem Wissen in der Personalführung und sollte natürlich eigentlich nicht passieren. In der Realität kommt es trotzdem zu Bossing, wenn Führungskräfte ihrem Bedürfnis nach Macht nachkommen.
Ein häufiger Auslöser von Bossing ist die Äußerung von unerwünschter Kritik. Wenn das unter Kollegen oder vom Vorgesetzten als bedrohlich empfunden wird, steht schnell eine mögliche Kündigung im Raum.
Checkliste: So können Sie sich gegen Bossing wehren
Wer unter Bossing seines Vorgesetzten leidet, muss das nicht ertragen. Am Arbeitsplatz sollten sich alle Parteien wohlfühlen. Dafür kann auf verschiedene Weise gesorgt werden. Mit diesen sieben Tipps verlassen Sie die Bossing-Falle:
1. Aussprache suchen
Suchen Sie proaktiv und frühzeitig das Gespräch mit dem Vorgesetzten und sprechen Sie das Problem an. Am besten im Beisein einer neutralen Person, eventuell sogar aus dem Personalbereich.
2. Lösungsorientiert handeln
Suchen Sie gemeinsam mit dem Vorgesetzten nach den Ursachen des Konflikts, bringen Sie dabei selbst Lösungsvorschläge ein und zeigen Sie Ihre Kompromissbereitschaft.
3. Zeugen suchen
Suchen Sie sich Verbündete und sprechen Sie Kollegen an, die ähnliche Erfahrungen gesammelt haben.
4. Protokoll führen
Fertigen Sie ein Tagesprotokoll über die eigene Arbeitsleistung an.
5. Dokumentation des Bossings
Schreiben Sie kleine und große kritische Situationen unbedingt auf. Leider ist die Beweislage bei Bossing und Mobbing am Arbeitsplatz meist sehr schwierig, weil die Vorfälle überwiegend subjektiv sind. Die meisten Bossing-Vorfälle scheinen von außen betrachtet „nicht so schlimm“ oder nicht strafbar. In der Gesamtheit und Häufigkeit sind die Vorfälle dann aber doch „schlimm“. Zur Dokumentation eignet sich ein schriftliches Protokoll darüber, welche Parteien sich wann und wie geäußert und gehandelt haben. Auch eventuell anwesende Zeugen (zum Beispiel Arbeitskollegen) sollten im Protokoll genannt werden. Zuletzt können Dokumente wie E-Mails, Chat-Protokolle, Fotos, Bilder und die eigene Krankenakte als Argumente herangezogen werden.
6. Hierarchiespitze über Bossing informieren und Hilfsangebote suchen
Wenn möglich, sollte die nächste höhere Führungsebene oder die Geschäftsleitung über das Mobbing durch den Vorgesetzten informiert werden. Manche Unternehmen sorgen vor, damit Konflikte besser gelöst werden können. Dazu gibt es dort innerbetriebliche und außerbetriebliche Beratungsstellen und Hilfsangebote. In manchen Firmenstrukturen finden sich für Opfer von Bossing verschiedene Anlaufstellen, wie ein Compliance Officer oder eine Beschwerdestelle für Diskriminierungen. Auch Mediatoren, Betriebsärzte, die betriebliche Sozialberatung oder spezielle Mobbing-Beauftragte können eine Stütze sein, wenn Sie von Bossing betroffen sind. Selbstverständlich können auch der Betriebsrat oder eine außerbetriebliche Gewerkschaft eingeschaltet werden.
7. Neutrale Rechtsberatung aufsuchen
Suchen Sie einen Rechtsanwalt oder eine rechtliche Beratung auf. Diese können einen neutralen Blick auf den Konflikt werfen und Sie zu den rechtlichen Möglichkeiten in Ihrem individuellen Fall beraten.
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Vier Tipps, um sich gegen Mobbing von Vorgesetzten zu wehren
Betroffene, die im Job gemobbt werden, wünschen sich oft einfach nur eine Auszeit von Bossing und Mobbing. Doch es gibt noch Möglichkeiten, um in dieser Phase gut für sich zu sorgen. Manche finden im Privaten statt, andere sind offizielle Angebote bei Mobbing. Sie alle sollen dabei helfen, besser mit der psychischen Belastung umzugehen.
1.) Körperlicher Stressabbau
Psychischer Stress kann sich auf den Körper übertragen. Betroffenen kann es helfen, Frust, Angst und Anspannung durch Sport loszuwerden. Auch verschiedene Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yin Yoga sind einen Versuch wert.
2.) Aufbauende Angebote
Mobbing ist leider kein Einzelfall. Daher gibt es von verschiedenen Trägern individuelle Beratungen oder Selbsthilfegruppen. In speziellen Fortbildungen bekommen Betroffene verschiedene Methoden an die Hand, wie sie mit stetem Stress umgehen und Konflikte konstruktiv lösen können.
3.) Auszeiten
Tatsächlich hilft es oftmals, auch örtlich Abstand zu nehmen, um Konflikte, Mobbing und Bossing von Außen betrachten zu können. Die Distanz zum Arbeitsplatz schafft mehr Neutralität und bringt den Körper aus dem täglichen Stressmodus. Empfehlenswert ist bei Mobbing, Urlaub einzureichen. Auch eine längere Kur, die speziell bei Mobbing greift, ist hilfreich.
4.) Ärztliche Hilfe und Krankschreibung
Der psychische Stress von täglichem Mobbing überträgt sich zwangsläufig auf den Körper. Körperliche Symptome können unter anderem Schlafstörungen, depressive Verstimmung oder Bauchschmerzen sein. Sollten diese Symptome länger als vierzehn Tage anhalten, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Er kann zu weiteren Maßnahmen wie Urlaub raten, eine Kur verschreiben oder auch eine Krankschreibung ausstellen.
Rechte und Pflichten bei Mobbing am Arbeitsplatz
Der Arbeitsplatz sollte für alle Personen ein angenehmer Ort sein. Daher gibt es Regelungen bei Mobbing, die an den Vorgesetzten allerdings eher lose Vorgaben richten. Der Arbeitgeber hingegen ist aufgrund seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht rechtlich verpflichtet, auf den Arbeitnehmer zu achten.
Was droht dem Vorgesetzten bei Mobbing?
Generell ist es dem Chef freigestellt, wie er sich verhält und seine Mitarbeiter führt. Die Angestellten haben keinen Anspruch auf einen spezifischen Führungsstil. Sie können auch keine „gute Personalführung“ verlangen oder anklagen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass am Arbeitsplatz kein Missbrauch passiert. Die Grenze zu einem Missbrauch ist oft fließend, darf aber trotzdem nicht überschritten werden.
Was droht dem Arbeitgeber bei Mobbing?
Anders als der Vorgesetzte muss der Arbeitgeber gewissen Pflichten bei Mobbing nachkommen. Als hierarchische Spitze im Unternehmen ist er rechtlich verpflichtet, allen Beschwerden von Mobbing nachzugehen. Wenn nötig, muss er auch dafür sorgen, dass eine Verletzung des Rechts unterbunden wird. Ihm obliegt per Gesetz auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Darunter versteht man konkret, dass er rechtlich dazu verpflichtet ist, Rücksicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers zu nehmen.
Zudem muss der Arbeitgeber die Angestellten vor Gefahren schützen, die deren Gesundheit betreffen. Dazu zählt auch die psychische Gesundheit. Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass der Arbeitnehmer keiner Situation ausgesetzt ist, die absichtlich oder unabsichtlich seine Würde verletzt. Auch muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass im Umfeld keine Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen stattfinden. Daher muss der Arbeitgeber sein Unternehmen so strukturieren, dass das Persönlichkeitsrecht seiner Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt verletzt wird.
Lohnt es sich bei Mobbing, einen Rechtsanwalt einzuschalten?
Betroffene Angestellte sollten sich im ersten Schritt professionell und neutral beraten lassen. Zum Beispiel durch einen Rechtsanwalt, da durch diesen im Härtefall auch eine Klage gegen den Arbeitgeber eingereicht werden kann. Die Klage kann dabei beispielsweise auf das Unterlassen von Mobbing, eine Zahlung von Schmerzensgeld oder sogar die Kündigung des mobbenden Vorgesetzten zielen. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, selbst für zukünftige Schäden. Im Gegensatz zu anderen Staaten gibt es in Deutschland kein Gesetz, das speziell die Tatbestände Mobbing oder Bossing regelt.
Rechtliche Einordnung von Bossing
Wie bereits angedeutet ist es komplex, Mobbing und Bossing rechtlich einzuordnen. Oft sind mehr als nur ein Rechtsgebiet betroffen, sodass unter anderem Arbeitsrecht, Zivilrecht und Strafrecht herangezogen werden können.
Bossing im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht handelt es sich um eine Pflichtverletzung, sobald der gemeinsame Arbeitsvertrag verletzt wird. Aber auch Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht und die Gesundheit sind rechtswidrig. Eine erfolgreiche Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht kann bewirken, dass der Bossing-Täter vom Arbeitgeber eine Abmahnung erhält. Der Arbeitgeber kann den mobbenden Arbeitnehmer auch innerhalb des Unternehmens versetzen. Sollte der gemobbte Arbeitnehmer eine Kündigung vom Arbeitgeber erhalten, kann er diese vor dem Arbeitsgericht angreifen.
Bossing im Zivilrecht
Wenn der Betroffene sich auf das Zivilrecht beruft, kann er die Zahlung von Schadensersatz, einer Entschädigung oder Schmerzensgeld erzielen sowie zukünftiges Unterlassen verlangen.
Bossing im Strafrecht
Legt man den Fall von Mobbing oder Bossing strafrechtlich aus, wird gegen den Mobber eine Strafanzeige gestellt.
Zu diesem Zweck muss allerdings ein Strafrechtstatbestand vorliegen, wie etwa:
- Körperverletzung,
- Beleidigung,
- Nötigung,
- Erpressung,
- Betrug,
- sexuelle Belästigung,
- Unterschlagung oder
- Freiheitsberaubung.
Im Strafrecht kann man erreichen, dass der mobbende Vorgesetzte Maßregeln der Besserung und Sicherung erhält. In manchen Fällen kann der Täter auch zu einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe verurteilt werden.