Das Betreuungsrecht wird immer dann erforderlich, wenn eine volljährige Person hilfsbedürftig ist und die eigenen Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln kann. Oftmals machen eine Behinderung, eine Krankheit, ein Unfall oder nachlassende Kräfte im Alter eine rechtliche Betreuung notwendig.
Wenn keine Vorsorgevollmacht der betroffenen Person vorliegt, bestellt das Betreuungsgericht dem Betroffenen einen rechtlichen Betreuer beziehungsweise einen Verfahrenspfleger.
Das Ziel des Betreuungsrechts ist es, Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr allein besorgen können, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und gleichzeitig den notwendigen Schutz und die erforderliche Fürsorge zu gewähren.
Das Betreuungsrecht ist in Deutschland Teil des Familienrechts und im Betreuungsgesetz (auch Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige oder BtG) geregelt.
Das zum 1. Januar 2023 reformierte Betreuungsrecht wird von vier Grundsätzen bestimmt: Den Grundsätzen der Erforderlichkeit, der Selbstbestimmung, der persönlichen Betreuung und des Vorrangs der ehrenamtlichen Betreuung.
Die rechtliche Betreuung geht nur so weit und so lange wie erforderlich. Wenn andere Hilfen ausreichend und verfügbar sind, werden diese eingesetzt.
Der rechtliche Betreuer muss sich an den Wünschen und dem Willen des Betreuten orientieren. Im Mittelpunkt der Betreuung steht das selbstbestimmte Leben der betreuten Person.
Nur wenn die Betreuung auch persönlich ist, kann der rechtliche Betreuer die Wünsche und Vorstellungen des Betreuers bei der Erledigung der Angelegenheiten berücksichtigen.
Ein Berufsbetreuer wird nur dann bestimmt, wenn keine Person zur Verfügung steht, die die rechtliche Betreuung ehrenamtlich übernimmt.
Grundsätzlich kann jeder Betreuer werden, es ist keine spezielle Berufsausbildung oder Zertifizierung notwendig. Voraussetzung für die Registrierung als Berufsbetreuer ist seit dem 1. Januar 2023 neben der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit insbesondere der Nachweis einer ausreichenden Sachkunde. Häufig wird die Betreuung von Rechtsanwälten übernommen, aber auch von Sozialarbeitern, Altenpflegern, Krankenpflegern und Verwaltungsfachleuten.
Das Betreuungsrecht sieht vor, dass für volljährige Betroffene gerichtlich ein Betreuer bestellt werden kann, wenn er nicht fähig ist, alltägliche Angelegenheiten zu besorgen. Grund für die Einschränkung kann sowohl eine psychische Erkrankung als auch eine geistige, seelische oder körperliche Behinderung sein.
Rechtsanwälte für Betreuungsrecht sind in der Regel selbstständige Berufsbetreuer. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn sich kein ehrenamtlicher Betreuer finden lässt. Alle rechtlich verbindlichen Aufgaben, die der Betreute nicht mehr alleine erledigen kann, werden dann vom Anwalt für Betreuungsrecht übernommen. Der genaue Umfang der Aufgaben wird vom Betreuungsgericht bestimmt.
Zu den Aufgaben eines Anwalts für Betreuungsrecht können unter anderem gehören:
Im sogenannten Betreuungsverfahren bestellt das zuständige Betreuungsgericht einen Verfahrenspfleger, zum Beispiel einen Rechtsanwalt oder einen geeigneten Verwandten. Der Verfahrenspfleger soll den Betroffenen im Verfahren unterstützen und dem Gericht die für das gerichtliche Verfahren relevanten Anliegen des Betroffenen mitteilen.
Das betreuungsrechtliche Verfahren beginnt entweder durch einen Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen, also wenn das zuständige Betreuungsgericht durch einen Sachverhalt darauf aufmerksam gemacht wird, dass eine Betreuung in Betracht kommt, oder dies beim Betreuungsgericht angeregt wird.
Bei der Anhörung werden die persönliche, gesundheitliche und soziale Situation des Betroffenen sowie die Erforderlichkeit einer Betreuung und die möglichen rechtlichen Betreuer in Erfahrung gebracht. In der Regel wird die betroffene Person persönlich angehört, es können aber auch ergänzend Angehörige oder nahestehende Personen angehört werden.
Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers bedarf eines Sachverständigengutachtens zur Notwendigkeit der Betreuung. Dabei muss der Sachverständige den Betroffenen persönlich befragen und untersuchen. In einigen wenigen Fällen ist auch ein ärztliches Zeugnis ausreichend.
Das Gericht sucht einen Betreuer an erster Stelle nach den Wünschen des Betroffenen aus. Sollte dieser keinen Wunschbetreuer haben, kommen Familienmitglieder und Partner in Frage. Wenn sich dort keine geeignete Person findet, werden ehrenamtliche Betreuer in Betracht gezogen. Wenn keine der vorherigen Optionen umsetzbar ist, wird die Betreuung von einem Berufsbetreuer, einem Behördenbetreuer oder einem Vereinsbetreuer übernommen.
Die Entscheidung des Betreuungsgerichts muss sowohl dem Betroffenen und dem Betreuer als auch dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde bekannt gegeben werden. Der Betreuer wird mündlich vom Gericht verpflichtet und erhält eine betreuungsrechtliche Urkunde.
Wenn über die Betreuung zeitnah entschieden werden muss, kann das Betreuungsgericht über eine einstweilige Anordnung in einem vereinfachten Verfahren einen vorläufigen Betreuer bestellen. Das Betreuungsrecht begrenzt die Gültigkeit der Betreuung bei einstweiliger Anordnung auf sechs Monate.
Seit dem 1. Januar 2023 wurde geregelt, dass Betreuungen und Einwilligungsvorbehalte spätestens alle fünf Jahre gerichtlich überprüft werden müssen. Vor dem 1. Januar 2023 waren es alle 7 Jahre.
Der Betroffene hat die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen, wenn ein Betreuer bestellt wird. Allerdings werden Kosten nur ab einem bestimmten Mindestvermögen erhoben. Wenn es um die Unterbringung des Betroffenen geht, fallen keine Gebühren an.
Seit dem 1. Januar 2023 gilt die Betreuungsrechtsreform (auch: Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts) in Kraft. Mit den Gesetzesänderungen sollten einerseits die rechtlichen Regelungen neu strukturiert werden und andererseits die Autonomie und Selbstbestimmung der Betroffenen stärker in den Fokus rücken.
Einige inhaltliche Änderungen der Reform im Betreuungsrecht in der Übersicht