Wann kann man verhaltensbedingt gekündigt werden?
Für die verhaltensbedingte Kündigung eines Mitarbeiters kann es verschiedene Gründe geben, wie unter anderem:
- Wiederholte Verspätung
- Arbeitsverweigerung
- Beleidigung
- Diebstahl von Firmeneigentum
- Schwerer Vertrauensbruch wie die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder Kundendaten
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Verhaltensbedingte Kündigung: Beispiele aus der Rechtsprechung
Die deutschen Arbeitsgerichte fällen regelmäßig wichtige Urteile zu Kündigungen und Kündigungsgründen. Daher zeigen die Beispiele aus der Rechtsprechung deutlich, in welchen Fällen eine verhaltensbedingte Kündigung rechtens ist und wann nicht. Dennoch muss natürlich in jedem Einzelfall entschieden werden, ob das betreffende Verhalten Grund genug ist, damit der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden kann.
1. Beispiel: Hakenkreuz
Einem Ordnungsamt-Angestellten wurde ohne Abmahnung verhaltensbedingt gekündigt, da er während der Arbeitszeit ein Hakenkreuz präsentierte. Damit verstieß er gegen die in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L formulierte Hauptvertragspflicht “Die Beschäftigten müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.” Das Landesarbeitsgericht beurteilte die Kündigung als rechtmäßig, da die Verstöße der zentralen Aufgabe des Ordnungsamt-Angestellten (die Einhaltung der Rechtsordnung sicherzustellen) entgegenstehen.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 10. Kammer
Urteil vom 25.09.2017
Aktenzeichen: 10 Sa 899/17
2. Beispiel: Arbeitsverweigerung
Da sie nach einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Arbeit unentschuldigt nicht nachgekommen war und die Arbeit beharrlich verweigerte, erhielt eine Arbeitnehmerin eine außerordentliche Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg sah in diesem Fall eine ordnungsgemäße Kündigung (nicht aber eine außerordentliche Kündigung) als gegeben an.
Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil vom 01.06.2021
Aktenzeichen: 7 Sa 473/20
3. Beispiel: Diebstahl
Zwar scheiterte die Kündigung an einem Beweisverwertungsverbot, dennoch betonte das Gericht, dass das Entwenden von Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers (auch nach längerer Beschäftigungsdauer) eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 21.06.2012
Aktenzeichen: 2 AZR 153/11
4. Beispiel: Angekündigte Krankmeldung
Nachdem sein Urlaubswunsch abgelehnt wurde, drohte ein Angestellter der Bayerischen Versicherungskammer damit, im entsprechenden Zeitraum krank zu sein. Damit verletzt er nicht nur seine Leistungstreuepflicht, sondern auch das Vertrauen des Arbeitgebers schwer. Das Gericht sah deshalb eine verhaltensbedingte, außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung als gerechtfertigt an.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 12.03.2009
Aktenzeichen: 2 AZR 251/07
5. Beispiel: Rassistische und sexistische Nachrichten
Ein Arbeitnehmer hatte in einer WhatsApp-Gruppe über mehrere Jahre hinweg Kollegen und Kolleginnen beleidigt, zur Gewalt aufgerufen sowie antisemtisch und antimuslimisch gehetzt. Das Bundesarbeitsgericht begründete, dass die Kündigung auch dann wirksam ist, wenn es sich um einen vertraulichen Gruppen-Chat handelt. Denn für die Vertraulichkeitserwartung kommt es nach Auffassung des Gerichts auf die Art der Nachricht und die Größe der Gruppe im Einzelfall an, die in diesem Fall nicht gegeben sei.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 24.08.2023
Aktenzeichen 2 AZR 17/23
6. Beispiel: Beleidigung auf Facebook
Ein Einzelhandelskaufmann hatte in einem Facebook-Post eine Kollegin massiv und ehrverletzend beleidigt. Das Arbeitsgericht sah in diesem Fall eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung als angemessen.
Arbeitsgericht Duisburg
Urteil vom 26.09.2012
Aktenzeichen: 5 Ca 949/12
7. Beispiel: Körperliche Misshandlung
Zwei Pflegekräfte wurden gekündigt, da sie einen demenzkranken Heimbewohner unter Anwendung von Gewalt zur Körperhygiene gezwungen hatten. Das Arbeitsgericht stelle fest, dass eine verhaltensbedingte Kündigung berechtigt ist, wenn es wie in diesem Fall bei pflegerischen Aufgaben zu einer körperlichen Misshandlung kommt.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
19.11.2019
Aktenzeichen: 5 Sa 97/19
8. Beispiel: Falschdokumentation der Arbeitszeiten
Ein Pharmareferent hatte mehr Stunden für die Geschäftstermine bei Ärzten angegeben, als er tatsächlich gearbeitet hatte. Das hatte das Vertrauensverhältnis so sehr geschädigt, dass das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eine verhaltensbedingte Kündigung als angemessen ansah.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 14.10.2016
Aktenzeichen: 2 Sa 985/16
9. Beispiel: Arbeitszeitbetrug
Der MDK kündigte einer Beschäftigten verhaltensbedingt, da sie systematisch und vorsätzlich falsche Arbeitszeiten (insgesamt 135 Minuten) angegeben hatte. Durch diese Täuschung des Arbeitgebers verlorene Vertrauensgrundlage, sah das Bundesarbeitsgericht die verhaltensbedingte Kündigung als gerechtfertigt.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 09.06.2011
Aktenzeichen: 2 AZR 381/10
10. Beispiel: Internetnutzung am Arbeitsplatz
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass eine verhaltensbedingte Kündigung auch dann gerechtfertigt ist, wenn ein Angestellter ein Anonymisierungsprogramm auf dem Dienstcomputer installiert, um entgegen der Dienstvereinbarung während der Arbeitszeit das privat das Internet nutzen zu können. Auch eine Abmahnung sei in diesem Fall nicht nötig, da für den gekündigten Mitarbeiter ganz klar zu erkennen war, dass diese Pflichtverletzung rechtswidrig ist.
Bundesarbeitsgericht
12.01.2006
Aktenzeichen 2 AZR 179/05
11. Beispiel: Straftat außerhalb des Diensts
Ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Straßenbauer erhielt ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung, da er (außerhalb des Dienstes) wegen gemeinschaftlicher Zuhälterei und Körperverletzung verurteilt wurde. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt bestätigte das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm, dass diese Kündigung rechtens ist.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 28.10.2010
Aktenzeichen: 2 AZR 293/09
12. Beispiel: Drogenkonsum in der Freizeit
Ein Gleisbauer erhielt aufgrund regelmäßigen Haschkonsums in seiner Freizeit und infolge dessen erhöhter Cannabinolwerte eine verhaltensbedingte Kündigung. Die zuständige Betriebsärztin hatte Bedenken geäußert, da der gekündigte Arbeitnehmer in einem sicherheitsrelevanten Bereich arbeite.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sei die Weiterbeschäftigung ein zu hohes Sicherheitsrisiko, das der Betrieb nicht eingehen müsse. Unabhängig vom Kündigungsgrund wurde die Kündigung jedoch als nicht wirksam eingestuft, da der Betriebsrat an der Kündigung nicht beteiligt war.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 28.08.2012
Aktenzeichen Az. 19 Sa 306/12
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