Definition: Untätigkeitsklage
Eine Untätigkeitsklage kann beim Sozialgericht eingereicht werden, wenn über den sozialrechtlichen Antrag auf einen Verwaltungsakt, wie beispielsweise den Antrag auf Arbeitslosengeld, nicht innerhalb einer angemessenen Frist entschieden wird.
Auch über sozialrechtliche Widersprüche (beispielsweise einen Widerspruch gegen eine Sperrzeit), die nicht in angemessener Frist entschieden werden, kann beim Sozialgericht eine Untätigkeitsklage eingereicht werden. Die Rechtsgrundlage der sozialrechtlichen Untätigkeitsklage ist § 88 SGG.
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Achtung: Neben der Untätigkeitsklage im Sozialrecht gibt es auch Untätigkeitsklagen in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in der Finanzgerichtsordnung (FGO).
§ 88 Sozialgerichtsgesetz
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Voraussetzungen für die Untätigkeitsklage
1. Angemessene Wartefrist
Wie schnell die Behörde antworten muss, hängt von der Art der Entscheidung ab. Als angemessen gilt eine Wartefrist von 3 Monaten für den Widerspruchsbescheid. Bei allen anderen Bescheiden (zum Beispiel beim Antrag auf Bürgergeld) beträgt die angemessene Wartefrist 6 Monate.
2. Zureichender Grund für die Untätigkeit
Die angemessene Frist kann vom Sozialgericht verlängert werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt. Als „zureichender Grund“ gilt beispielsweise, wenn ein medizinisches Gutachten beantragt werden muss. Organisationsversäumnisse der Behörde (wie etwa Personalmangel) sind kein zureichender Grund. Wenn kein zureichender Grund vorliegt, wird das Sozialgericht die Behörde dazu verurteilen, über den Antrag oder Widerspruch des Klagenden zu entscheiden.
3. Mitwirkungspflicht des Klagenden
Bei der Untätigkeitsklage ist es besonders wichtig, dass der Antragsteller alles getan hat, was in seiner Kraft steht, damit die Behörde der Bearbeitung des Widerspruchs oder der Bearbeitung des Antrags nachkommen kann. Wenn angefragte Informationen oder Unterlagen nicht eingereicht wurden oder unvollständig eingereicht wurden, kann der Behörde nicht vorgeworfen werden, dass diese keine Entscheidung getroffen hat beziehungsweise nicht tätig geworden ist. Der Rechtssuchende hat vor der Behörde eine sogenannte Mitwirkungspflicht, die er dann verletzt hat.
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Wie sieht eine Untätigkeitsklage aus?
In der sozialrechtlichen Untätigkeitsklage spielt es keine Rolle, ob Ihr Antrag oder Widerspruch berechtigt ist oder wie letztendlich darüber entschieden wird. Es geht einzig und allein darum, dass die zuständige Behörde dazu verpflichtet wird, den Antrag oder Widerspruch zeitnah zu bescheiden.
Anwalt für die Untätigkeitsklage
Die Untätigkeitsklage kann beim Sozialgericht ohne rechtlichen Beistand oder von einem Anwalt eingereicht werden. Dennoch ist es meistens von Vorteil, sich professionellen Rat bei einem Rechtsanwalt zu suchen und so von der Erfahrung, sowie der juristischen Expertise zu profitieren.
Form der Untätigkeitsklage
Die Untätigkeitsklage im Sozialrecht muss schriftlich erhoben werden und bedarf einer persönlichen Unterschrift des Klagenden.
Inhalt der Untätigkeitsklage
Grundsätzlich kann die Untätigkeitsklage frei formuliert werden, folgende Angaben sollten aber auf keinen Fall vergessen werden:
- Vollständiger Name des Klägers
- Bezeichnung der beklagten Behörde
- Klagebegehren (in diesem Fall: Untätigkeit)
- Datum des ursprünglichen Antrags oder Widerspruchs
- Unterschrift des Klägers mit Ort und Datum
- Anlagen: ursprünglicher Antrag oder Widerspruch (in Kopie)
Kosten der Untätigkeitsklage
Die Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht ist grundsätzlich kostenfrei. In der Regel muss die Behörde die Kosten des Klägers tragen, wenn nicht innerhalb der Fristen entschieden wird. Die Behörde übernimmt dann die gesamten Kosten der Untätigkeitsklage und natürlich auch die Kosten für den Anwalt des Klägers. Daher gibt es auch kaum einen Fall, in dem es sich lohnt, ohne Rechtsanwalt eine Untätigkeitsklage einzureichen.
Untätigkeitsklagen vor dem Sozialgericht
Die deutschen Sozialgerichte müssen von Jahr zu Jahr mehr Untätigkeitsklagen bearbeiten: Allein 2023 wurden 14.523 Klagen erhoben. Damit ist etwa jede 13. Klage eine Untätigkeitsklage.
2022 wurden vor den deutschen Sozialgerichten 14.523 Untätigkeitsklagen neu erhoben. Damit ist etwa jede 17. Klage an einem deutschen Sozialgericht eine Untätigkeitsklage.
Im Laufe des Jahres 2021 wurden vor den deutschen Sozialgerichten 13.166 Untätigkeitsklagen neu erhoben. Damit machen Untätigkeitsklagen rund 5,00 % der neuzugegangenen Klagen an deutschen Sozialgerichten aus.
Im Vorjahr (2020) wurden insgesamt und prozentual mehr Untätigkeitsklagen an die Sozialgerichte gestellt.
Tipp für die Untätigkeitsklage
Um einen Rechtsstreit zu verhindern, ist es sinnvoll (aber keine Pflicht oder Bedingung), der jeweiligen Behörde vor der Erhebung der Untätigkeitsklage eine letzte angemessene Frist (in der Regel mindestens eine Woche) zur Entscheidung über den Antrag beziehungsweise Widerspruch zu setzen. In diesem Hinweis kann auch erwähnt werden, dass nach Ablauf der Frist eine Untätigkeitsklage erhoben wird.