Das Trennungsjahr (auch: Trennungszeit) ist die gesetzlich vorgeschriebene Zeit, in der Ehepartner getrennt leben müssen, bevor sie die Scheidung einreichen können. Dieser Zeitraum soll den Ehepartnern die Möglichkeit geben, über die Entscheidung zur Scheidung nachzudenken und gegebenenfalls wieder zueinanderzufinden. Gleichzeitig dient das Trennungsjahr dazu, praktische und rechtliche Angelegenheiten wie Unterhalt, Sorgerecht und Vermögensaufteilung zu klären.
Die räumliche Trennung ist der häufigste Fall, in dem das Trennungsjahr beginnt. Ein Ehepartner zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus, oder beide beziehen getrennte Wohnungen. In Ausnahmefällen kann auch eine Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung anerkannt werden, wenn alle Lebensbereiche strikt getrennt werden. Dies bedeutet, dass jeder Partner ein eigenes Zimmer hat und eine getrennte Haushaltsführung gewährleistet ist („Trennung von Tisch und Bett“).
Neben der räumlichen Trennung müssen auch finanzielle und soziale Bereiche getrennt werden. Die Ehepartner sollten ihre Finanzen unabhängig voneinander verwalten, also keine gemeinsamen Konten mehr führen. Auch im sozialen Umfeld sollte die Trennung deutlich erkennbar sein, beispielsweise durch das Auftreten als Einzelperson statt als Paar.
Das Trennungsjahr beginnt offiziell, wenn ein Ehepartner dem anderen klar und eindeutig mitteilt, dass die eheliche Gemeinschaft beendet ist. Diese Erklärung sollte idealerweise schriftlich erfolgen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Ein kurzfristiger Versöhnungsversuch unterbricht das Trennungsjahr in der Regel nicht. Die Grenze liegt hier meist bei drei Monaten. Längere Versöhnungsversuche von über vier Monaten hingegen führen zu einer Unterbrechung, und das Trennungsjahr muss erneut begonnen werden. Eine echte Versöhnung kann das Trennungsjahr bereits nach wenigen Wochen beenden.Scheitert der Versuch, bleibt es dabei, dass die Scheidung nach Ablauf des ursprünglich begonnenen Trennungsjahres beantragt werden kann.
Das Trennungsjahr muss nur nachgewiesen werden, wenn es Uneinigkeiten über den Zeitpunkt des Trennungsjahres gibt oder ein Ehepartner das Trennungsjahr komplett bestreitet. Das spielt in der familienrichterlichen Praxis besonders dann eine Rolle, wenn es um Unterhaltsansprüche geht.
Zum Nachweis des Trennungsjahres eignen sich Dokumente wie ein neuer Mietvertrag, eine Meldebescheinigung oder Kontoauszüge sowie Zeugenaussagen von Freunden und Familienmitgliedern.
Ein schriftliches Dokument, das von beiden unterschrieben wird und den Trennungswillen belegt, ist ebenfalls hilfreich. Am besten ist eine von beiden Ehepartnern unterschriebene Trennungsvereinbarung.
Auch ein Getrenntleben in der gemeinsamen Wohnung kann als Trennungsjahr anerkannt werden. Wichtig ist, dass die Trennung objektiv erkennbar ist:
Das Familiengericht wird die Trennungsumstände im Scheidungstermin überprüfen und beide Partner anhören. Es wird schwierig, das Getrenntleben zu beweisen, wenn keine klaren Absprachen getroffen wurden oder der Partner die Trennung bestreitet.
Im Trennungsjahr ist es notwendig, dass die Ehepartner getrennt voneinander leben. Das bedeutet in der Regel, dass sie in unterschiedliche Wohnungen ziehen. Es ist jedoch auch möglich, in derselben Wohnung oder im selben Haus zu bleiben, wenn eine strikte Trennung innerhalb der Wohnung erfolgt, etwa durch getrennte Schlafzimmer. Dass ein Getrenntleben mit getrennten Haushalten auch innerhalb eines Hauses möglich ist, hat das Oberlandesgericht Frankfurt 2024 in einem Urteil bestätigt (Az. 1 UF 160/23).
Einen neuen Partner oder eine neue Partnerin im Trennungsjahr zu haben, ist grundsätzlich erlaubt, kann jedoch mitunter Auswirkungen auf Unterhaltsansprüche haben. Wenn die neue Partnerschaft für den Noch-Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellt, kann das Trennungsjahr in Ausnahmefällen verkürzt werden. Als unzumutbare Härte wurde in der Rechtsprechung zum Beispiel eine Schwangerschaft mit dem neuen Partner bewertet (OLG Karlsruhe, 13.04.2000, Az. 20 WF 32/00).
Während des Trennungsjahres bleiben die Ehepartner verpflichtet, sich gegenseitig finanziell zu unterstützen. Der Ehegattenunterhalt richtet sich nach den jeweiligen Einkommensverhältnissen und orientiert sich am Lebensstandard während der Ehe.
Ein gemeinsames Wirtschaften, etwa durch ein gemeinsames Konto oder gemeinsame Haushaltsführung, widerspricht der Idee der Trennung. Auch regelmäßiges füreinander Kochen, Waschen oder Einkaufen kann den Eindruck erwecken, dass die Ehe weiterhin besteht. Damit das Trennungsjahr anerkannt wird und die Scheidung vollzogen werden kann, müssen unbedingt klar getrennte Lebensbereiche geschaffen werden.
In Ausnahmefällen kann eine Scheidung auch vor Ablauf des Trennungsjahres erfolgen, etwa bei einer sogenannten Härtefallscheidung. Gründe können körperliche oder psychische Gewalt, schwere Straftaten oder eine extreme Missachtung der ehelichen Pflichten sein. Selbst bei einer Scheinehe muss das Trennungsjahr jedoch eingehalten werden.
Während des Trennungsjahres bleiben die Ehepartner verpflichtet, sich gegenseitig finanziell zu unterstützen. Der wirtschaftlich schwächere Ehepartner kann Anspruch auf Trennungsunterhalt haben, um den bisherigen Lebensstandard während der Trennung aufrechtzuerhalten. Die Höhe des Trennungsunterhalts richtet sich nach dem Einkommen und den Lebensverhältnissen vor der Trennung.