Jährlich schließen etwa eine halbe Million Unternehmen in Deutschland. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg die Zahl zuletzt besonders bei großen, wirtschaftlich bedeutenden Betrieben. Für Arbeitnehmer bedeutet eine Betriebsschließung nicht automatisch, dass das Arbeitsverhältnis endet. In der Praxis beendet der Arbeitgeber daher die meisten Anstellungsverhältnisse durch betriebsbedingte Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag. In beiden Fällen stehen die Chancen auf eine Abfindung sehr gut.
Eine Betriebsschließung stellt in der Regel einen Grund für eine betriebsbedingte Kündigung dar. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine solche Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Die vollständige Schließung eines Betriebs erfüllt normalerweise diese Voraussetzung.
Auch wenn ein Betrieb komplett schließt, gelten die üblichen Kündigungsschutzbestimmungen. Der Arbeitgeber muss die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen einhalten.
Die gesetzlichen Kündigungsfristen variieren je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit:
Im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung können auch davon abweichende Fristen vereinbart sein.
Bei Insolvenz des Arbeitgebers können Insolvenzverwalter und Arbeitnehmer mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende ordentlich kündigen, und etwaige längere Kündigungsfristen aus Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag gelten nicht (§ 113 InsO).
Es gibt keine einheitliche durchschnittliche Abfindungshöhe bei Betriebsschließungen, da die Höhe von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Allerdings lassen sich einige Richtwerte und Faustregeln ableiten: In der Praxis sind Abfindungen zwischen einem halben und eineinhalb Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr üblich.
Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen wegen der Betriebsschließung aus dringenden betrieblichen Gründen kündigt und Sie nicht gegen die Kündigung vorgehen, steht Ihnen automatisch eine Abfindung zu. Die Höhe Ihrer Abfindung beträgt dann 0,5 Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr (§ 1a Abs. 2 KSchG). Wenn Sie gegen die Kündigung vorgehen, kann die Abfindungshöhe auch steigen.
Auch wenn dieser automatische Abfindungsanspruch bequem scheint, lohnt es sich, die Kündigung durch einen Anwalt prüfen zu lassen oder die mögliche Abfindung mit einem Abfindungsrechner gegenzuprüfen, da sich oftmals höhere Abfindungen aushandeln lassen.
Als Alternative bieten viele Arbeitgeber, deren Betrieb schließt, einen Aufhebungsvertrag an. Bei diesem wird das Arbeitsverhältnis unter beiderseitiger Zustimmung aufgehoben. Da der Arbeitnehmer mit dem Aufhebungsvertrag freiwillig auf seinen Kündigungsschutz verzichtet, erhält er als Anreiz eine Abfindung. Es besteht jedoch kein gesetzlicher Abfindungsanspruch.
Ist die Kündigung nicht unwirksam, kann eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. In der Regel wird im Rahmen der Klage eine Abfindung für den Arbeitnehmer ausgehandelt.
Manche Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sehen Abfindungen bei Betriebsschließungen vor. Prüfen Sie daher genau, ob solch eine Klausel für Sie anwendbar ist.
Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat, wird im Rahmen der Betriebsschließung in der Regel ein Sozialplan verhandelt, der darauf abzielt, die negativen Folgen der Schließung für die Arbeitnehmer zu minimieren.
Arbeitgeber und Betriebsrat können im Sozialplan unter anderem Abfindungszahlungen und die Abfindungshöhe festlegen. Als Orientierung dient oft eine einfache Formel: Die Anzahl der Jahre der Betriebszugehörigkeit wird mit dem halben Bruttomonatseinkommen multipliziert. In der Praxis kann die Berechnung der Abfindung komplexer sein und auch Faktoren wie das Alter des Arbeitnehmers oder bestehende Unterhaltspflichten berücksichtigen.
Der besondere Kündigungsschutz, den unter anderem Arbeitnehmer in Elternzeit, Mutterschutz oder Pflegezeit sowie Schwerbehinderte und Betriebsräte genießen, endet nicht automatisch mit der Schließung eines Betriebs. Dennoch gelten für diese Arbeitnehmer bei Betriebsschließung Sonderregelungen.
Schwangerschaft und Mutterschutz
Für schwangere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz gilt grundsätzlich ein Verbot der ordentlichen Kündigung. Allerdings kann die zuständige Landesbehörde in bestimmten Fällen, einschließlich einer Betriebsschließung, Ausnahmen von diesem Verbot genehmigen.
Elternzeit
Grundsätzlich ist während der Elternzeit eine Kündigung nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde für Arbeitsschutz zulässig, ansonsten ist die Kündigung automatisch unzulässig. Diese stimmen in der Regel der Kündigung zu, wenn ein Betrieb stillgelegt wird.
Schwerbehinderte
Bei schwerbehinderten Mitarbeitern ist für eine Kündigung grundsätzlich die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich. Wenn ein Betrieb dauerhaft schließt und die Kündigungsfrist mindestens drei Monate beträgt, ist die Behörde in der Regel dazu angehalten, dieser Kündigung zuzustimmen.
Betriebsräte
Für Betriebsräte gelten besondere Regelungen. Sie dürfen laut § 15 Abs. 4 KSchG frühestens zum Zeitpunkt der Betriebsschließung entlassen werden. Das bedeutet, dass ihre Kündigungsfrist nicht vor dem tatsächlichen Schließungstermin enden darf. Somit sind Betriebsräte die letzten Mitarbeiter, die den Betrieb verlassen.
Bei einer vollständigen Betriebsschließung wird keine Sozialauswahl durchgeführt, da alle Arbeitsplätze abgebaut werden und keine Angestellten darüber hinaus angestellt bleiben. Die Sozialauswahl muss jedoch durchgeführt werden, wenn nur Teile des Betriebs (etwa bestimmte Filialen) geschlossen werden oder wenn die Betriebsschließung schrittweise durchgeführt wird.
Nach einer nicht selbstverschuldeten Kündigung haben Sie in der Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Höhe beträgt 60 % des letzten Nettogehalts für Arbeitnehmer ohne Kinder und 67 % bei Arbeitnehmern mit Kindern.