Über mehrere Jahre hat eine Steuerfachangestellte insgesamt mehr als hundert Urlaubstage angesammelt, da die Arbeitsbelastung so hoch war, dass sie den Urlaub nicht in Anspruch nehmen konnte. Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einem Grundsatzurteil (9 AZR 266/20) entschieden, dass diese Resturlaubstage nicht verjähren oder ablaufen können.
Arbeitgeber stehen sowohl in der Pflicht, ihre Beschäftigten rechtzeitig dazu aufzufordern, ihren Urlaub zu nehmen, als auch vor der möglichen Verjährung des Urlaubsanspruchs zu warnen. Weist der Arbeitgeber nicht auf den offenen Urlaubsanspruch hin, verjährt der Urlaub nicht. Ob es sich dabei um den Urlaub aus dem Vorjahr oder von vor fünfzehn Jahren handelt, spielt keine Rolle.
Bislang wurde der Verfall von Urlaubsansprüchen zugunsten der Arbeitgeber ausgelegt. Das Bundesurlaubsgesetz sieht eigentlich vor, dass Angestellte ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen müssen und eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des Folgejahres nur aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen möglich ist.
Der Urlaubsanspruch kann nur verjähren, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hinweist, dass dieser verfallen kann. Kommt der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nach, verfällt der Urlaub nicht.
Auch Angestellte, die über eine lange Zeit erkrankt sind, verlieren ihren Urlaubsanspruch nicht. Der nicht genommene Urlaub kann zu einem späteren Zeitpunkt abgegolten werden. Auch hier gilt, dass der Urlaubsanspruch nur verfallen kann, wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen, und dies nicht getan hat.
Sind Urlaubstage zum Zeitpunkt der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses noch nicht aufgebraucht, müssen Sie den Urlaub entweder noch nehmen oder sich entsprechend auszahlen lassen. Voraussetzung für die Auszahlung des Resturlaubs ist, dass der Arbeitgeber es dem Arbeitnehmer nicht möglich gemacht hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen.
Durchschnittlich nehmen Angestellte in Deutschland 31 Tage Urlaub pro Jahr. Laut des Statistischen Bundesamts (destatis) stieg die Zahl der genommenen Urlaubstage in den letzten Jahren (unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie) und befindet sich aktuell wieder auf einem durchschnittlichen Level.
Eine Auswirkung des Resturlaub-Gerichtsurteils auf die von Arbeitnehmern beanspruchten Urlaubstage ist bisher nicht zu verzeichnen.
Sollte Ihnen noch Urlaub zustehen und Ihr (ehemaliger) Arbeitgeber weigert sich, diesen auszugleichen, können Sie sich entweder selbst an das zuständige Arbeitsgericht oder an einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht wenden. Die Kanzlei Hopkins unterstützt Sie gerne bei der Durchsetzung Ihrer Urlaubsansprüche. Dadurch, dass unsere Anwälte tagtäglich mit ähnlichen arbeitsrechtlichen Fällen zu tun haben, kennen sie die richtigen Taktiken und Strategien, um Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen.