So beantragen Sie einen Pflegegrad
Um einen Pflegegrad zugesprochen zu bekommen, müssen Personen aus gesundheitlichen Gründen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sein. Welche Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden können, ist abhängig vom Pflegegrad. Dieser wird immer individuell bestimmt. Bei den Beeinträchtigungen kann es sich um körperliche oder geistige Einschränkungen handeln. Eine Pflegebedürftigkeit kann laut Gesetz in allen Lebensabschnitten eintreten. Somit können auch junge Menschen von Pflegebedürftigkeit betroffen sein. Im Sinne des Gesetzes muss die Pflegebedürftigkeit dauerhaft (mindestens jedoch 6 Monate) vorliegen, um als Pflegefall eingestuft werden zu können.
Folgende 5 Schritte sind nötig, um den Pflegegrad zu beantragen:
- Antrag zur Pflege bei der Pflegeversicherung stellen
- Entscheidung über den Pflegegrad durch den MDK und die Pflegekasse
- Ablehnung des Pflegegrads
- Widerspruch gegen den Pflegegrad oder die Pflegebedürftigkeit einlegen
- Pflegegrad wird bewilligt
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1. Schritt: Antrag zur Pflege bei der Pflegeversicherung stellen
Der Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung muss vom Pflegebedürftigen bei der Pflegekasse gestellt werden. Die zuständige Pflegekasse ist immer bei der Krankenversicherung organisiert, bei der die Person, die den Antrag stellt, krankenversichert ist. Der Antrag kann selbstverständlich auch von einer bevollmächtigten Person gestellt werden.
Die Beantragung der Leistungen gemäß Pflegegesetz kann formlos gestellt werden. Das bedeutet, dass kein bestimmtes Format eingehalten werden muss. Somit kann der Antrag auch per E-Mail oder per Telefon gestellt werden. Gerade von Letzterem ist jedoch abzuraten, da nach einem Telefonat keine Dokumente vorliegen, die belegen, dass ein Antrag gestellt wurde und welche Leistungen konkret beantragt wurden. Es empfiehlt sich, den Pflegeantrag immer in schriftlicher Form einzureichen und eine Kopie zu behalten.
2. Schritt: Entscheidung über den Pflegegrad durch den MDK und die Pflegekasse
Um den Pflegegrad zu ermitteln, wird ein Gutachten vom zuständigen MDK (Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) erstellt. Der Gutachter führt die Pflegebegutachtung vor Ort beim Antragsteller oder per Videotelefonie durch und übermittelt seine Ergebnisse als Empfehlung an die Pflegekasse. Die Pflegekasse entscheidet dann über den Pflegegrad und teilt ihre Entscheidung dem Antragsteller schriftlich mit. Entweder wird der Pflegegrad abgelehnt oder ein entsprechender Pflegegrad erteilt.
3. Schritt: Ablehnung des Pflegegrads
Sollte die Pflegekasse entscheiden, dass kein Pflegegrad erteilt wird, gibt es die Möglichkeit, gegen den Pflegegrad-Bescheid Widerspruch einzulegen und anschließend eine Klage vor dem Sozialgericht einzureichen. Dasselbe gilt, wenn der Pflegegrad geringer als erhofft ausfällt.
4. Schritt: Widerspruch gegen den Pflegegrad oder die Pflegebedürftigkeit einlegen
Gegen den schriftlichen Pflegegrad-Bescheid der Pflegekasse kann ab Erhalt einen Monat lang Widerspruch bei der Pflegekasse eingelegt werden. Wenn in dem Bescheid der Hinweis darauf fehlt, dass ein Widerspruch und wo dieser eingelegt werden kann, beträgt die Widerspruchsfrist sogar ein Jahr ab Zustellung.
Der Pflegegrad-Widerspruch muss immer schriftlich eingereicht werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte der Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein verschickt werden. Auch der Versand per Telefax ist möglich. Den Widerspruch per E-Mail einzureichen ist nicht möglich.
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5. Schritt: Pflegegrad wird bewilligt
Nachdem der Widerspruch eingereicht wurde, kommt es in der Regel zu einer weiteren Begutachtung. Sollte der Bescheid erneut nicht wie erhofft ausfallen, erfolgt ein sogenannter Widerspruchsbescheid. Dagegen können Betroffene innerhalb von einem Monat ab Zustellung Klage vor dem zuständigen Sozialgericht einreichen.
Selbstverständlich kann es auch sein, dass der Pflegegrad ohne Widerspruch bewilligt wird.
Punktesystem des Pflegegrad-Gutachtens
Die Begutachtung durch den MDK führt immer zu einer individuellen Beurteilung des Pflegegrades. Der Gutachter des MDK prüft vorrangig, wie selbstständig der Alltag gemeistert werden kann. Beispielsweise wird Personen, die an Demenz erkrankt sind, zumeist ein hoher Pflegegrad zugesprochen, da diese nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag ohne Hilfe zu bestreiten. Um zu ermitteln, wie selbstständig eine Person in ihrem Alltag ist, wirft der Gutachter des MDK insbesondere auf die folgenden 6 Lebensbereiche einen genauen Blick, die auch im Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) näher umschrieben sind:
Modul 1: Mobilität
Unter dem Punkt Mobilität werden die Tätigkeiten bewertet, die die körperliche Leistungsfähigkeit verdeutlichen. So wird zum Beispiel in der Pflegegeld-Übersicht betrachtet, ob der Antragsteller sitzen, stehen und sich fortbewegen kann. Auch wird analysiert, ob und wie häufig Positionen gewechselt werden müssen und wie stark dies den Alltag einschränkt.
Modul 2: Geistige und kommunikative Fähigkeiten
Unter diesem Punkt wird bewertet, ob und wie der Antragsteller im Alltag mit seinen Mitmenschen kommunizieren kann. Kann er selber reden und ist er ansprechbar? Versteht er, was andere ihm mitteilen? Der Gutachter versucht mithilfe von Gesprächen mit dem Antragsteller zu ermitteln, ob dieser einfache Gespräche führen kann und beispielsweise Wegbeschreibungen versteht und mögliche Risiken einschätzen kann.
Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Dieser Bereich umfasst beispielsweise unruhige Phasen in der Nacht sowie Ängste und Aggressionen, welche für die pflegebedürftige Person sowie deren Angehörige eine Belastung darstellen. Auch wenn die pflegebedürftige Person sich gegen pflegerische Maßnahmen wehrt, wird dies berücksichtigt.
Modul 4: Selbstversorgung
Hinsichtlich der Selbstversorgung wird betrachtet, ob der Antragsteller sich allein waschen und anziehen kann und ob es ihm möglich ist, ohne fremde Hilfe die Toilette aufzusuchen. Auch wird überprüft, ob die Person alleine Mahlzeiten zubereiten kann und in der Lage ist, eigenständig zu essen und zu trinken.
Modul 5: Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen - sowie deren Bewältigung
Pflegebedürftige Personen müssen meist regelmäßig Medikamente einnehmen und haben häufig Arzttermine. Aus diesem Grund überprüft der Gutachter des MDK, ob der Antragsteller seine Medikamente eigenständig einnehmen kann und die Dosierungen versteht. Auch wird überprüft, ob Arzttermine alleine wahrgenommen werden können. Kann er sich einen Arzttermin merken? Findet er eigenständig die Praxis?
Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Hier wird geprüft, ob sich die Person, die den Pflegegrad-Antrag gestellt hat, mit sich selbst und anderen beschäftigen kann. Ein besonderer Fokus bei der Begutachtung wird darauf gelegt, ob die pflegebedürftige Person ihren Tagesablauf eigenständig gestalten kann und ob sich diese ausreichende Ruhe- und Schlafenszeiten nimmt. Auch die Fähigkeit, Kontakte zu Personen außerhalb des direkten Umfelds zu pflegen, spielt eine zentrale Rolle.
Tipp für den Pflegegrad-Antrag
Sofern Leistungen gewährt werden, werden diese nicht rückwirkend erbracht. Die Leistungen werden frühestens ab dem Monat gezahlt, in dem der Antrag auf einen Pflegegrad gestellt wurde. Dann muss die Pflegebedürftigkeit aber auch bereits zum Monatsanfang vorgelegen haben.